Tim skizziert virtuos und schneidet Rechtecke aus Geschenkpapier heraus. Ada und Gesine bringen derweil in intensiver Diskussion ihr Konzept zu Papier. Stephan brütet über seiner Zeichnung und fragt sich, ob er für seinen Prototypen weiter ins Detail gehen oder den groben Entwurf für sich sprechen lassen will.
Das ist ein Erfahrungsbericht über die Anwendung von Design Thinking zur Lösung von Nachhaltigkeitsproblemen.
An drei Tagen Mitte September 2021 fand in Freiburg i.Br. – wie auch in Dutzenden anderen Städten auf der ganzen Welt – der Global Goals Jam statt. Dabei handelte es sich um eine Aktion engagierter Menschen zum kreativen Finden von Lösungen zu den globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) der UNO. In der inspirierenden Lokhalle bearbeiteten vier spontan zusammengewürfelte Teams Fragestellungen zu drei dieser Ziele, die zusätzlich auf die lokalen Gegebenheiten von Freiburg heruntergebrochen worden sind.
Die Infometis entsandte Patrick Steiger als Design Thinking Coach für eines dieser Teams. Die sechs Freiburgerinnen und Freiburger erarbeiteten dabei unter seiner Anleitung mit viel Energie und Spass eine Lösung zur Vernetzung inhabergeführter Geschäfte, die bereits nachhaltig wirtschaften. Dabei zeigte die Befragung von vier Betroffenen klar, dass diese sich als «Einzelkämpfer» fühlen, von der Stadt bisher nicht wahrgenommen werden und auch keine Zeit und Kapazität haben, um eine systematische Vernetzung aus eigener Kraft herbeizuführen.
Das Team erarbeitete eine Vision eines solchen Netzwerks und als konkreten ersten Schritt das Konzept für eine Kick-off-Veranstaltung. Tests in Form von Telefongesprächen mit drei betroffenen Führungspersonen nachhaltig agierender Geschäfte bestätigten die Relevanz der vorgeschlagenen Lösung. Alle drei Testpersonen würden so ein Netzwerk sehr begrüssen und würden auf jeden Fall an einem ersten Anlass, wie er vom Team vorgeschlagen wird, teilnehmen.
Von Freitagabend bis Sonntagnachmittag durchlief das Team einen vom Coach geführten Design-Thinking-Prozess, mit dem sichergestellt wurde, dass zur Abschlusspräsentation ein Resultat gezeigt werden konnte, das die zu Beginn gestellte Fragestellung beantwortete.
Design Thinking ist ein Framework zur Lösung relevanter Probleme. Das Team entschied sich für die Design Challenge Wie können wir eine nachhaltigere und lebenswertere Freiburger Innenstadt gestalten? Um diese grobe Aufgabenstellung zu bearbeiten, musste das Problem heruntergebrochen werden auf eine relevante Frage, für die anschliessend eine konkrete Lösung ausgearbeitet wurde.
Basis für diesen Erarbeitungsprozess ist das Design Tinking Mindset. Dazu gehören:
Es ist Aufgabe des Coaches, dieses Mindset den Teilnehmenden zu vermitteln und ihnen den Rahmen zu bieten, dass sie diese Haltung zur Geltung bringen können.
In den zweieinhalb Tagen intensiver Zusammenarbeit wurde aus den sechs zufällig teilnehmenden Menschen ein lösungsorientiertes Team. Zur Schärfung des Problems in einer menschzentrierten Weise wurde das Team kurzzeitig in zwei Gruppen aufgeteilt. Diese radelten in die Innenstadt, um mit Ladenbesitzerinnen Interviews zu führen. Das war an diesem sonnigen Herbstsamstag in der Touristenstadt Freiburg für unsere Design Thinker eine sehr grosse Herausforderung. Würden sich Geschäftsinhaber finden lassen, die sich für eine Befragung 20 Minuten Zeit nehmen? Der Coach gab methodische Tipps mit auf den Weg und wies sie an, sich in zwei Stunden mit den erhobenen Daten im Gepäck wieder in der Lokhalle einzufinden.
Tatsächlich gelang es beiden Gruppen, je zwei Interviews zu führen. Zusammen mit der Erfahrung einer Teilnehmerin, die selbst Ladeninhaberin ist, reichte das Material, um die Problemstellung wie folgt zu präzisieren: Wie können wir inhabergeführte Geschäfte, die nachhaltig arbeiten, helfen, sich einfacher zu vernetzen, damit sie mehr Sichtbarkeit erreichen?
Der Coach leitete sie anschliessend an, mittels einer bestimmten Kreativitätsrechnik (eine Mischung aus 6-3-5 und dem Google Design Studio) viele Lösungen zu erarbeiten, aus denen dann die vielversprechendsten weiterverfolgt werden konnten.
Aus den 34 initial generierten Ideen wurden acht Lösungsansätze kondensiert, die in zwei Prototypen weiterentwickelt wurden. Zur menschzentrierten Arbeit gehört auch, dass diese Prototypen mit den Betroffenen getestet werden. In diesem Fall (es war Sonntag) konnten die Lösungskonzepte mittels Telefoninterviews mit drei Ladeninhaberinnen und -inhabern, die am Vortag interviewt worden sind, auf ihre Relevanz überprüft werden.
Die Resultatorientierung ergab sich beim Global Goals Jam dadurch, dass am Sonntagnachmittag eine Jury und das interessierte Publikum eine konkrete Lösung zur Problemstellung vorgestellt bekommen wollte.
Der Coach hat folgende Moderationsaufgaben:
Design Thinking ist ein dicht gedrängtes Format an Aktivitäten, das es ermöglicht, die Ressourcen eines Teams so turbomässig hochzufahren, dass von der Klärung der Problemstellung (Wie können die nachhaltigen Geschäfte vernetzt werden?) über die Lösungsfindung (Vision eines Netzwerks mit Kick-off-Veranstaltung) zur Präsentation vor einer Jury nur gerade 15 Arbeitsstunden benötigt wurden. Das Team wuchs zusammen und über allem stand der Spass und die Freude, an einem nachhaltigen Thema zu arbeiten. Dank dem Design Thinking Coach konnten sich die Teammitglieder völlig der Fragestellung widmen.
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