Erfahrungsbericht aus einem Design-Thinking-Workshop

Wie kann ich ein Ticket für ein Konzert anonym beziehen?

Ausgangslage

Die Initiative «Billett mit Herz» möchte eine Onlineplattform anbieten, auf der Menschen in sozial und finanziell schwierigen Situationen kostenlos Veranstaltungstickets beziehen können. Drei Master-Studierende der Hochschule OST (Weiterbildung MAS HICD) untersuchen im Rahmen ihrer Masterarbeit die Umsetzung dieser Initiative. Dabei stiessen sie auf das Problem, wie das «Billett mit Herz» konkret angeboten werden könnte. Zum Beispiel stellt sich die Frage, wie die betroffenen Personen anonym ein Eintrittsticket bestellen können. Die Hypothese dahinter lautet, dass Betroffene gegenüber einer karitativen Plattform und gegenüber Veranstaltern ihre persönlichen Angaben und ihre aktuelle Situation nicht offenlegen möchten. Um kreative und innovative Lösungen zu finden, durften wir von der Infometis (Patrick Steiger und Stefan Böhni) das Team mit einem Design-Thinking-Workshop unterstützen. Es nahmen zusätzlich zwei Mitarbeitende der Ergon sowie die Auftraggeberin, ein Projektleiter der Auftraggeberin und zwei Infometen (Gabriela Meier und Matthias Aeschbacher) teil.

Bild 1: Die Master-Studierenden stellen die bisherigen Ergebnisse vor und bringen alle auf den gleichen Wissensstand

Was ist eigentlich das Problem?

Bevor Lösungen kreiert und umgesetzt werden können, ist es im Design-Thinking-Prozess wichtig, dass alle Teilnehmenden ein gemeinsames Verständnis haben. Die drei Studierenden teilten mit den anderen Teilnehmern ihre bisherigen Erkenntnisse, die teilweise kritisch hinterfragt wurden. Anschliessend wurden die vorgestellten Personas in zwei Gruppen überarbeitet. Mit dem «Critical Item Diagram» (Bild 2) konnten die kritischen Funktionen und Erfahrungen, welche die Lösung bieten sollte, herausgeschält werden. Daraus leiteten die Gruppen die «How Might We»-Fragen ab. Überraschenderweise entschieden sich beide Gruppen unabhängig voneinander für die gleiche Frage «Wie kann ich ein Ticket für ein Konzert anonym beziehen?»

Bild 2: Critical Item Diagram

Lösungen kreieren

Uns war es wichtig, die Kreativität zu wecken und den Lösungshorizont zu erweitern. Die Workshop-Teilnehmenden sollten sich beispielsweise von der Idee eines herkömmlichen Eintrittstickets lösen. Hierfür nutzten wir die Methode "Crazy-8", um möglichst viele Vorschläge zu generieren. Insgesamt führten wir drei Ideation-Iterationen durch. Es war eindrücklich, mit welcher Vielfalt an Form und Materialien die Design-Thinker ihre Prototypen erstellten. Als dann die Resultate zum Ausprobieren freigegeben wurden, konnten die anderen die Grundidee des Erstellers in den meisten Fällen auf Anhieb erkennen. Nach einer kurzen Feedbackrunde zu den einzelnen Lösungsansätzen bildeten wir drei Gruppen, die je eine Idee weiter entwickelten.

Bild 3: Ergebnisse aus der Ideation und dem Prototyping

Lösungen testen

Feedback von Aussenstehenden aus der Zielgruppe ist ein Kernprinzip des Design Thinkings. Für das Finale des Workshops haben wir fünf Testpersonen organisiert. Nach einer kurzen Mittagspause bekamen die Gruppen eine Stunde Zeit, aus der Idee einen testbaren Prototypen zu erstellen. Zwei Gruppen entschieden sich, ein Rollenspiel vorzubereiten, in dem die Testperson die Rolle der betroffenen Person einnehmen musste. Die dritte Gruppe erstellte einen Desktop Walkthrough.

Einzelne Testdurchläufe sowie die Feedbacks der Testpersonen wurden auf Video aufgenommen, damit die drei Masterstudierenden die Ergebnisse später nochmals analysieren konnten. Es war total spannend zu sehen, wie intensiv die Testpersonen in die zugewiesene Rolle eintauchten. Entsprechend vielfältig und wertvoll war das gesammelte Feedback.

Bild 4: Die Prototypen werden mit externen Personen getestet

Am Ende des Workshops trugen wir gemeinsam die wichtigsten Erkenntnisse zusammen. Alle Teilnehmenden waren beeindruckt, wie viele nützliche und wertvolle Erkenntnisse in wenigen Stunden gewonnen werden konnten. Es machte ihnen Spass, neue Tools kennenzulernen und alle Phasen von Design Thinking an diesem praktischen Fall hautnah zu erleben. Unser Highlight als Workshopleiter war, dass es uns gelang, Teilnehmende mit Freude zu erfüllen, die anfänglich gegenüber Design Thinking skeptisch eingestellt waren. Wir stellten fest, dass auch ein kurzer Design-Thinking-Workshop (5 h) viele nützliche Ergebnisse liefern kann. Die Voraussetzung dazu ist, dass ein grosser Teil der Phase «Verstehen» im Vorfeld stattgefunden haben muss. Somit konnten wir in dieser Durchführung den Fokus auf die Ideenfindung und Experimente legen.

Ein hoher Energielevel aller Teilnehmenden ist aus unserer Sicht die wichtigste Zutat für einen erfolgreichen Workshop. An diesem Tag war davon reichlich vorhanden. Das kostete zwar Kraft, aber am Ende waren alle erfüllt und stolz auf die geleistete Arbeit.

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