Wie bestimmt und beeinflusst der Product Owner den versprochenen Wert (Value)?

15.7.2021

Ursprünglich wurde der Product Owner als Rolle im Scrum etabliert (siehe Scrum Guide). Der Fokus liegt auf der Steuerung des Scrum Teams durch produktorientierte Vorgaben: User Stories, Product Backlog, Priorisierung, Kommunikation, Entscheidungen. Product Owner (PO) agieren als Einzelpersonen und nicht als Komitee. Dadurch ist die Zuständigkeit ganz klar geregelt und es sind zeitnahe Entscheidungen möglich.

Gegenüber diesem engen Rollenverständnis ergeben sich einige offenen Fragen:

  • Was macht der PO, wenn das agile Projekt kein Scrum-Vorgehen hat?
  • Wie kommt der PO dazu, im Product Backlog die richtigen Inhalte zu liefern und zu priorisieren?
  • Ist der PO wirklich nur fürs Entwicklungsteam zuständig?
  • Wie glaubwürdig ist der PO, wenn er oder sie bzgl. Wert das Blaue vom Himmel verpricht?

Die zwei Seiten des POs

Nun, jede Medaille hat zwei Seiten – so auch die Rolle des PO: Um «nach unten» gegenüber dem Team als kompetenter Entscheider auftreten zu können, muss er oder sie «nach oben» gegenüber dem Top Management als kompetente Strategin und Unternehmerin erscheinen:

«Der PO ist der CEO des Produkts»

Der Product Owner muss also die Kunden verstehen, Wert generieren, Umsetzungstrategien entwickeln und klar aufzeigen können, warum es das Produkt braucht und wie der Markt erobert werden soll. Damit sind wir bei einer zentralen Führungsperson angelangt, die nichts weniger als den Erfolg des Produktes verantwortet.

Diese Zweifaltigkeit der Rolle ist sehr anspruchsvoll, gilt es doch strategisches Know-how mit operativem Umsetzungsgeschick zu verbinden. Wir erleben oft, dass ein PO sich auf das eine oder andere konzentriert und so die andere Seite vernachlässigt. Dadurch besteht ein konstanter Druck und Stress, weil Erwartungen nicht erfüllt werden – seien es diejenigen von Stakeholdern oder die eigenen Ansprüche.

Die Basis zum Auflösen dieses inneren Konflikts besteht darin, sich klar zu werden, was konkret von welcher Seite erwartet wird und welche Skills und Tools nötig sind, um diese Erwartungen zu erfüllen.

Die Wert-Frage

Ein Beispiel: Der Erfolg des Produkts misst sich am Wert, den es liefert. Welche Stakeholder stellen welche Ansprüche an den Wert und wie ermittle ich als PO den Wert, den ich diesen Stakeholdern verspreche? Ferner: Wie setze ich dieses Versprechen im Produkt um?

Der Reihe nach: Zuerst die Stakeholder, welche Wert nachfragen, sind:

  1. die Kunden (Käuferinnen)
  2. die User (Benutzerinnen)
  3. das Management und die eigene Organisation

Die Kunden, welche das Produkt einkaufen, bemessen den Wert oft als Preis-Leistungsverhältnis. Kunden sind Spezialisten, was den Preis betrifft. Wenn sie nicht selbst auch die User sind, greifen sie für die Beurteilung der Leistung auf diese zurück.

Die User wollen ihre Bedürfnisse gedeckt und ihre Probleme gelöst haben. Am meisten Wert hat also für die User ein Produkt, das ihren Nutzen maximiert. Da hilft folgende, nutzen-orientierte Produktdefinition (Abb. 1):

Abbildung 1: Elemente des Produktnutzens

Das Management bemisst den Wert des Produkts an seinem Beitrag zum finanziellen Erfolg, zur Positionierung im Markt und zum Renommee des Brands. Die übrigen Stakeholder der Organisation haben noch weitere Wertmassstäbe, wie z.B. Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzen, spannende Aufgaben und Herausforderungen, Teil einer innovativen Initiative zu sein, etc.

Um all diese Erwartungen zu erfüllen, müssen Tools und Methoden einsetzen, die es erlauben, den Wert konkret zu bestimmen und zu beeinflussen. Oft kann der versprochene Wert aber nicht direkt beeinflusst werden. Wenn z.B. das Management einen finanziellen Beitrag erwartet, dann kann der PO nicht in die Schatztruhe greifen und eine beeindruckende Summe aufs Firmenkonto überweisen. Nein, die Kunden müssen dazu gebracht werden, Geld für das Produkt zu bezahlen. Aber auch diese Aktion kann der PO nicht direkt beeinflussen, sonst müsste er oder sie jeden Kunden einzeln nötigen, das Produkt zu kaufen. Es ist also nicht so einfach und gradlinig, sondern braucht Know-how, Techniken und Werkzeuge, um diese Indirektion effektiv meistern zu können. Folgendes Modell hilft fürs Verständnis (Abb. 2):

Abbildung 2: «Value Model» aus dem APO-Training

Als PO treffen wir Entscheidungen in unserem «Handlungsraum». Dadurch gestalten und beeinflussen wir alle Aspekte des Produktes:

  • Erscheinung und Funktionalität → User Experience
  • Einbettung in den Kontext (z.B. ergänzende Dienstleistungen, Support, Verkauf, soziale Aspekte) → Customer Experience
  • Entwicklungs- und Betriebsprozess → Team Experience

Durch die gezielte und systematisch erarbeitete Ausgestaltung des Produkts im «Wirkungsraum» erzielen wir – hoffentlich die gewünschten – Effekte im «Ergebnisraum». Unser Ziel als PO ist also, dass die Käufer und User den versprochenen Wert als effektiven Produktnutzen (siehe oben) erleben und als Gegenleistung ihren Obolus dafür entrichten. Schlussendlich sollen auch die internen Stakeholder den erwarteten Wert erfahren.

Als Advanced Product Owner kennen wir die «PO Value Chain» mit all ihren Aufgaben, Tools und Interdependenzen. Als CEO des Produkts sind wir gewohnt, uns zwischen den verschiedenen Ebenen (Einzelpersonen, Entwicklungsteam, Ureigene PO-Aufgaben, Management, Kunden, User und Markt) zu bewegen und souverän, fakten-basiert die richtigen Entscheidungen zu treffen, um den versprochenen Nutzen zu maximieren. Wer da noch nicht die höchste Maturitätsstufe erreicht hat, bekommt Gelegenheit, das im «Advanced Product Owner» Training der Infometis Academy zu vertiefen und sich dort mit anderen PO über praktische Erfahrungen auszutauschen.

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