Wie kann Food Waste mittels Food Sharing vermindert werden?
Dieser Design Challenge hat sich eine Gruppe von drei Frauen und drei Männern an einem Samstag anfangs Dezember angenommen.
EIN IDEALER RAM FÜR DESIGN THINKING
Der Design Thinking Workshop fand in einem Tanzsaal am Stadtrand von Freiburg i.Br. statt. Der grosszügige Raum und die schönen, weissen Wände waren ideal, um der Kreativität und der Gruppendynamik freien Lauf zu lassen.
Patrick Steiger von Infometis und Jan Knöbel von ibo moderierten diesen Workshop. Schon am frühen Morgen war dann ihre Improvisationsfähigkeit gefragt: Der Teilnehmer mit dem Schlüssel zum Tanzsaal hatte verschlafen.
SCHLÜSSEL FEHLTE – VORBEREITUNG UNTER FREIEM HINMMEL.
Da standen sie also eine Stunde vor Workshopbeginn vor dem verschlossenen Lokal und wollten ihre Flip Charts vorbereiten. Kurzerhand wurden die Fensterscheiben zur Arbeitsfläche erklärt und die Plakate in frischer Luft gemalt.
Pünktlich um 09.00 Uhr war dann der Schlüssel und die Teilnehmer da und die Moderatoren konnten Ihre vorbereiteten Flip Charts im Lokal aufhängen.
Es ging los mit der Aufarbeitung der Design Challenge. Was ist Food Sharing? Was wissen wir über Food Waste und über die Sharing Economy?
UNDERSTAND „FOOD SHARING“
Design Thinking ist nicht nur eine moderne Innovations- und Kreativitätsmethode, sondern auch eine mensch-zentrierte Technik. Nicht das Fachsimpeln und Brainstorming im Elfenbeinturm (oder Kirschenholzboden-Tanzsaal) ist gefragt, sondern die Konfrontation mit echten Problemen der Menschen.
PATRICK STEIGER MODERIERT DIE ZUSAMMENSTELLUNG DER INTERVIEW-FRAGEN.
Somit galt es für unsere Design Thinker, einen nützlichen Interview-Leitfaden zu entwickeln, so dass die anschliessend erhobenen Daten später auch zielführend ausgewertet werden konnten (Fragen stellen ist leicht – nur was tun wir mit den Antworten?). Soll direkt nach Fakten gefragt werden? Sind indirekte Fragen geeigneter? Wie vermeidet man Suggestiv-Fragen? Wie erreichen wir, dass die Leute ehrliche Antworten geben und nicht nur solche, die ‚gesellschaftlich akzeptiert‘ sind?
Nun ging es los. In drei Zweiergruppen schwärmten die Teilnehmer aus, um in Freiburg Menschen zum Thema „Food Sharing“ zu befragen. Ein männliches Team tat sich etwas schwer, die Leute anzusprechen bzw. Passanten zu finden, die sich ein paar Minuten Zeit nahmen für ein kurzes Interview. Das gemischte Team sammelte in den 90 Minuten Daten von vier Personen. Die beiden Frauen kamen sogar auf 5 Interviews. Für alle war es ein Erlebnis ausserhalb der Komfortzone. Es brauchte Überwindung, die Menschen anzusprechen und einige Frustrationstoleranz, um mit den häufigen, abweisenden Gesten, Absage und Desinteresse umgehen zu können. Zum Schluss hatten wir aber die Daten von 11 Interviews, was für den weiteren Workshopverlauf eine sehr gute Basis war.
ANALYSIEREN UND STRUKTURIEREN DER INTERVIEW-DATEN.
Das Auswerten der Daten erfolgte immer noch in den Zweiergruppen und brachte richtig Schwung in den Workshop. Jetzt zahlte sich die Verspätung aus, die wir vorher durch die Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Interviewfragen eingefangen hatten. Die gesammelten Antworten und Fakten konnten in ein dabei erarbeitetes Raster eingetragen und direkt in vorbereitete Kategorien strukturiert werden.
Nachdem je ein Vertreter jedes Teams die eigenen Erkenntnisse dem Plenum präsentiert hatte, folgte der kritische Schritt der Problemdefinition. Welche der identifizierten Schwierigkeiten und Hürden zum Food Sharing soll im Folgenden gelöst werden? Es liegt im Wesen des Design Thinking, dass – gemäss Double Diamond Modell – nach dem Sammeln der Probleme (Divergieren) nun auf das wichtigste Problem fokussiert werden muss (Konvergieren).
Auch in diesem Punkt wurden sich die Workshop Teilnehmer vorerst nicht einig. Aufgrund der aggregierten Interview-Erkenntnisse formulierten wir zwei Problem-Statements. Die Abstimmung ergab, dass die drei Damen die eine und die drei Herren die andere Fragestellung bearbeiten wollten. Die ominöse Münze, welche durch die Luft wirbelte, brachte dann die Entscheidung zugunsten der femininen Perspektive (Point of View):
„Wie kann das Annehmen von Lebensmitteln „fremder Leute“ salonfähig gemacht werden?“
Nun hatten wir einen wichtigen Meilenstein erreicht: Eine relevante (auf Nutzerdaten basierte) Problemstellung lag vor. Mit 1.5 Stunden Verspätung – nach über 70% der Workshop-Zeit – konnten wir den Lösungsraum betreten. Damit manifestierte sich eine alte Design Thinking Erfahrung: Am Anfang eines grösseren Vorhabens liegt es in der Natur der Sache, dass mehr Aufwand in den Problemraum gesteckt werden muss als für die Lösungssuche. Das Team muss sich ja erst einmal klar werden, zu was genau eine Lösung erarbeitet werden soll.
Zuerst muss sichergestellt werden, dass man das Richtige tut, um das dann richtig zu tun.
Nun folgte also im Rahmen des zweiten Teils des „Double Diamond“ Vorgehens der Kreativitätsblock. In Windeseile und – wie immer „time-boxed“ – erarbeiteten die Design Thinker Duzende von Lösungsideen (Divergieren). Diese wurden im Plenum anschliessend vorgestellt, aggregiert und konsolidiert.
Aus den neun Ideen wurde diesmal mittels Punkte-Voting ein klarer Sieger erkoren (Konvergieren), der nun in Teilgruppen weiter ausgearbeitet wurde:
Einmal mehr bestätigte sich auch hier die Design Thinking Erfahrung, dass wenn die klare Problemstellung vorliegt, die Lösungen wie von selbst hinten hinauspurzeln.
Idealerweise wären nun noch einige der interviewten Personen ins Workshop-Lokal gekommen, um sich die Lösung zu ihrem grössten Food-Sharing Problem präsentieren zu lassen und den Teilnehmern Feedback zu geben. Leider waren die Freiburger in der Vorweihnachtszeit nicht abkömmlich, so dass der letzte Schritt, das Testing der Lösung im Nachgang zum Workshop mit anderen Personen erfolgen musste.
Es war bereits dunkel, als die beiden Workshop Moderatoren die Teilnehmer zur Retrospektive zusammenrufen konnten.
RETROSPEKTIVE AM ENDE DES TAGES
Die Teilnehmer waren begeistert vom Prozess und dem Erreichten. Die gute Vorbereitung der Moderatoren wurde herausgestrichen, denn gerade in der „Groan Zone“ anfangs Nachmittag, als sich die Definition der Problemstellung hinauszögerte, wurden einige Teilnehmer nervös und zweifelten daran, an dem Tag noch zu einer Lösung zu gelangen. Die Erfahrung der Moderatoren und deren sanfte Führung resultierten aber schlussendlich in einer zeitlichen Punktlandung, so dass um 18.30 Uhr der Workshop zur Zufriedenheit aller beendet werden konnte.
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