Idealerweise steht einem das ganze Feld der Möglichkeiten offen, eine Software-Ausschreibung schlank, innovativ und mit wenig Aufwand verbunden zu gestalten. Hat man diesen Handlungsspielraum nicht und muss auf ein klassisches Ausschreibungsverfahren zurückgreifen, könnten Sie unsere Tipps aus unserer Alltagspraxis inspirieren.
Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass bei einer Ausschreibung oft technische Aspekte im Mittelpunkt stehen? Haben Sie sich auch schon gefragt, wer eigentlich die Anwender sind und was genau der fachliche Nutzen ist? Bevor Sie also mit der Erarbeitung der Ausschreibungsunterlagen beginnen: Beschäftigen Sie sich intensiv mit der Auslegung Ihres Gesamtkonzepts! Definieren Sie, auf welcher Flughöhe Sie Ihre Anforderungen definieren wollen, setzen Sie sich intensiv mit dem zu erzielenden Nutzen auseinander, analysieren Sie die Komplexität des Umfeldes und beschäftigen Sie sich mit den zukünftigen Anwendern. Und ganz wichtig: Trennen Sie unbedingt das Problem von der Lösung!
Ohne Prozess keine Ausschreibung! Der IST-Prozess ist unsere Basis und SIE müssen diesen in- und auswendig kennen, um gute und verständliche Ausschreibungsunterlagen zu erstellen. Für die Visualisierung des Prozesses ist von BPMN über eine Prozesslandkarte bis hin zu Use Case-Modellen oder Eigenkreationen alles erlaubt. Welche Methode Sie verwenden ist unwichtig, wichtig ist, dass Sie den Ist-Prozess dokumentiert und verstanden haben und dass Sie mit der Komplexität der einzelnen Prozessschritte vertraut sind.
Anhand des Ist-Prozesses können Sie nun den gewünschten Soll-Zustand ableiten und aufzeigen, wo aktuell die Problembereiche liegen. Auch wenn die aktuelle Ausschreibung nur ein erster Schritt (MVP) in die gewünschte Richtung sein sollte, zeigen Sie unbedingt auf, wohin die Reise führen wird!
Keine Ausschreibung ohne Anforderungen! Nachdem Sie nun den Prozess kennen, können Sie Anforderungen ableiten. Unsere Empfehlung: Bleiben Sie auf der Stufe Grobanforderung (Epic Level), sonst werden Ihre Ausschreibungsunterlagen schnell zu umfangreich. Versuchen Sie zudem, Ihre Anforderungen lösungsneutral zu formulieren und untermauern Sie diese mit Beispielen. Achten Sie darauf, dass alle Grobanforderungen in etwa die gleiche fachliche Flughöhe aufweisen. Die Vergabe einer eindeutigen Geschäftsfall-Nummer beispielsweise ist fachlich weit weniger komplex als eine Prüfung durch einen Benutzer, die automatische Kalkulationen im Hintergrund enthält. Beurteilen Sie nicht den Umsetzungsaufwand, sondern immer die fachliche Komplexität.
Auch wenn Sie versuchen, Ihre Anforderungen auf derselben fachlichen Flughöhe zu halten, wird es stets Anforderungen geben, die komplexer oder aufwändiger und solche die weniger komplex oder aufwändig sind. Deshalb empfehlen wir Ihnen, einzelne Anforderungen weiter zu detaillieren, was uns zum fünften und letzten Tipp für heute führt.
In einer idealen Welt könnten Sie nun pro Anforderung eine Liste von ‘Use Cases’ inkl. Kurzbeschreibung zücken. Zum Zeitpunkt einer Ausschreibung ist aber oft erst ein Teil der ‘Use Cases’ bekannt und deren Komplexität und Reifegrad ist nur unzureichend dokumentiert. Damit Sie den potenziellen Anbietern trotzdem ein Gesamtbild über die Komplexität und den Umfang Ihres Vorhabens geben können, empfehlen wir Ihnen, eine fachliche Komplexitätsskala für Ihre Use Cases festzulegen.
Selektieren Sie drei Use Cases, bei denen Sie wissen, dass diese Ihrer festgelegten fachlichen Komplexitätsskala entsprechen. Zum Beispiel
Beschreiben Sie jeden dieser Use Cases so detailliert, dass ein Entwickler dessen Umsetzungsaufwand ohne grossen Unsicherheitsfaktor abschätzen kann. Wir setzen dafür klassische Use Cases und Akzeptanzkriterien ein und visualisieren mittels BPMN oder UML. Welche Methode Sie einsetzen, ist unwichtig – wichtig ist, dass Sie ein komplettes Bild über die selektierten Anforderungen inklusive Geschäftsregeln und Abläufe vermitteln.
Pro Anforderung legen Sie nun fest, wie viele Use Cases von jeder Komplexitätsstufe darin enthalten sind. Je höher die Ihre Unsicherheit bezüglich Anzahl und je tiefer der Reifegrad Ihrer Anforderung, desto höher die Sicherheitsmarge, die Sie in Ihre Schätzung einberechnen sollten.
Ein Hilfsmittel sowie den Tipp, wie Sie mit wenig Aufwand zu einer akkuraten Angebotsschätzung durch die Anbietenden kommen, verraten wir Ihnen in unserem nächsten Blog zu diesem Thema.
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